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Faust. Der Trägödie erster Teil - Arbeitsauftrag

Aktualisiert: 30. März 2020

Zusammenfassung der drei Prologe zu Beginn



Zueignung (V. 1-32)


Die Frage, die sich zunächst stellt, ist: Wer eignet wem was zu? Die verkürzte Antwort ist: Das Gedicht wird seinen Figuren gewidmet. Insofern ist die Zueignung eine Art Gespräch mit sich selbst. Der erste Vers deutet schon auf diese Vermutung: "Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten!" (V.1). Die schwankenden Gestalten lassen auf die erfundenen Figuren, welche wieder zum Leben erweckt werden, schließen.


Auf der anderen Seite wäre es zu einfach, in dem lyrischen Ich Goethe zu sehen. Obwohl die Zueignung eine Vorrede bzw einer von drei Prologen ist, kann man durchaus sagen, dass hier schon die erste Dimension (oder “Potenz” [Schöne]) des literarischen Werks eröffnet wird (wobei die nächsten beiden Prologe und dann das Stück selbst immer eine literarische Potenz weiter unten zu sehen sind.


In der ersten Strophe verdeutlicht er, dass er wieder bereit dafür ist, die Gestalten aufzunehmen: "Versuch ich wohl euch diesmal fest zu halten?" (V.3). Die Zuneigung zu dieser Illusion wird hinterfragt, dennoch nicht geleugnet: "Fühl ich mein Herz noch jenem Wahn geneigt?" (V. 4).


In der zweiten Strophe erinnert er sich an die Jugend und die Schaffenszeit, welche zunächst eine Fröhliche Erinnerung an schöne Stunden auslöst, dann jedoch den Schmerz zurückbringt: "Ihr bringt mit euch Bilder froher Tage/ Der Schmerz wird neu, es wiederholt die Klage" (V.9/13).


In der dritten Strophe reflektiert er über die Wiederaufnahme des Stoffes. Das lyrische ich scheint allein zu sein: "Zerstoben ist das freundliche Gedränge" (V.19). Das einst Vertraute "macht nun dem Herzen bang" (V.21).


Die vierten Strophe macht das Bild des Dichters als das eines Menschen deutlich, der Eindrücke und Wahrnehmungen darstellt. Dazu werden Emotionen geschildert: "Träne folgt den Tränen" (V.29) und "das strenge Herz fühlt sich mild und weich" (V.30).


Das Gedicht ist als Stanze geschrieben, in einer italienischen Strophenform, die besondere Feierlichkeit zum Ausdruck bringt. Das Gedicht hat so durch diese Form einen sehr klangvollen und feierlichen Charakter.




Vorspiel auf dem Theater (V. 33-242)


Goethe kennt alle Ansprüche, Interessen und Blickwinkel auf das Theater. Als Schriftsteller, Theaterdirektor und Schauspieler und Dichter weiß er, wie sehr sich diese unterschiedlichen Perspektiven reiben können. Dies verdeutlicht er mit dem Vorspiel auf dem Theater. Während er mit der “Zueignung” also einen zunächst individuellen Prolog erschafft, stellt er den Faust als Stück hier in einen kunsthistorischen Zusammenhang.


Dabei werden die Unterschiede zwischen den sprechenden Personen schnell deutlich. Der Direktor will Geld verdienen. Er ist ein Geschäftsmann, dem es darum geht, dem Publikum zu gefallen, damit dieses in Scharen in das Theater kommt. Deshalb will er so viel Handlung wie möglich, damit die Leute unterhalten werden.

Der Direktor lebt förmlich vom Publikum und möchte der Menschenmenge ein Wunder bescheren: "Besonders weil sie lebt und leben lässt / Denn freilich mag ich gar die Menge sehen" (V. 38/49).

Der Dichter auf der anderen Seite ist ein Idealist. Er will unabhängig vom Publikumsgeschmack so schaffen, dass er seinem hohen Auftrag Gericht wird. Er möchte der Freude und dem Leid der Menschen Ausdruck verleihen, und zwar so, dass es nicht für kurze Zeit unterhält, sondern dass das Werk von Dauer ist, also überzeitlich. Die Handlungen des Direktors sind für ihn nur im Augenblick gefangen, während das für den Dichter Wahre, das Echte, für immer bleibt: "Das Echte bleibt der Nachwelt unverloren" (V.74).

Bei der Menschenmenge, bei der der Direktor meint, den Geist des Volkes versöhnen zu können, entflieht der Geist beim Dichter: "Bei deren Anblick uns der Geist entflieht" (V. 60).


Die Lustige Person erhält in dieser “Verhandlung” die Mittlerrolle. Sie erklärt, dass sowohl Erst als auch Humor im Stück eine Rolle spielen soll (Insofern soll das Publikum also unterhalten werden, gleichsam soll es aber auch berührt werden).

Er erkennt Vernunft und Verstand des Dichters an, doch verbindet dies mit der Narrheit des Direktoren, sodass beide Ansichten zusammen zum Erfolg führen: "Lasst Phantasie, mit allen ihren Chören,/Vernunft, Verstand, Empfindung, Leidenschaft,/ Doch, merkt euch wohl! nicht ohne Narrheit hören" (V. 86-88)


Insgesamt weitet das Vorspiel auf dem Theater also den Kreis der Bedeutsamkeit des Stücks. Es wird nicht mehr “nur” aus der Schaffensperspektive des Dichters gesehen, sondern in seiner Funktion als (Menschheits-)Drama beleuchtet.




Prolog im Himmel (V. 243-353)


Mit dem Prolog im Himmel und der dritten Vorrede wird der Faust in einen universalen Zusammenhang gestellt.

Zunächst zeigt der Gesang der Engel in seiner feierlichen Betonung die Werke Gottes und die Ordnung des Alls – und zwar sowohl im Hinblick auf die zerstörerische als auch die schöpferische Kraft. Dazu werden in Vers 259 Stürme und später auch Donnerschläge genannt, welche im Gegenzug zu Sonne und Meer stehen.


Gott wird durch die Engel als Ursprung allen Seins gefeiert: "die unbegreiflich hohen Werke/Sind herrlich wie am ersten Tag" (V. 249-250).

Die Struktur geht dabei vom Weltall hin zu den Menschen, um dann zum einzelnen zu gelangen. Der Faust als Mensch wird also in den Zusammenhang mit der gesamten Schöpfungsgeschichte gestellt: "doch deine Boten, Herr, verehren das sanfte Wandeln deines Tags" (V.264-265).


Anders als man bei einem Werk namens “Faust” meinen könnte, hat der Teufel seinen ersten Auftritt im Stück. Er gehört zum göttlichen Gesinde und ist damit dem Herrn selbst untergeordnet, wenngleich er es nicht so sieht. Dennoch ist er am Ende des Prologs über den Umgang mit ihm, dem Gleichgestellten, erfreut: " Es ist gar hübsch von einem großen Herrn,/So menschlich mit dem Teufel selbst zu sprechen" (V.352-353).


Mephisto meint, dass er den Menschen (und damit Faust) verleiten könnte. In diesem Anspruch wettet er mit dem Herrn. Der Gegenstand seiner Wette ist Faust selbst. Mephisto wettet, dass er den Faust dazu verleiten kann, nicht mehr weiter zu streben, also die Ideale zu verraten, die ihn zum Mensch machen. Dabei ist er sich schon Siegessicher: "Mir ist für meine Wette gar nicht bange / Erlaubt ihr mir Triumph aus voller Brust" (V. 330-333).


Der Herr hält dagegen, indem er Mephisto sagt, dass ein Mensch, der Ziele verfolgt und Ehrgeiz bei der Verfolgung dieser Ziele zeigt, gar nicht manipuliert werden kann. Er hält Faust für gut und ist sich sicher, dass sich Faust nicht abbringen lassen wird: "Ein guter Mensch in seinem dunklen Drange/ist sich stets des rechten Weges wohl bewusst" (V. 328-329).


Es zeigt sich, dass Mephisto und der Herr grundsätzlich verschiedene Menschenbilder haben, die sie anhand von Faust zu überprüfen gedenken.



Mit Material von Bob Blume







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